Mit Blutbär-Raupen gegen Jakobskreuzkraut

Die landwirtschaftliche Kooperation der Wasserwerke Dinslaken hilft, gegen Jakobskreuzkraut, eine vor allem für Pferde und Rinder tödliche Giftpflanze, vorzugehen: Eine bestimmte Raupenart frisst das Kraut, bis es dadurch abstirbt.

Gefährliches Jakobskreuzkraut

Es sieht schön aus, aber es ist tödlich: Das gelb blühende Jakobskreuzkraut gehört zu den gefährlichsten heimischen Giftpflanzen – und die Trockenheit der letzten Jahre begünstigt seine Ausbreitung. Auch im Wasserschutzgebiet Löhnen wurde Jakobskreuzkraut zunehmend zum Problem. Doch die Natur selbst hat ein wortwörtlich bärenstarkes Mittel gegen die Giftpflanze, deren Verzehr vor allem für Pferde, Rinder und einige Schafrassen tödlich enden kann: die Raupen des Blutbären. Wie die markant gelb-braun geringelten Tierchen ökologisch in der Landwirtschaft genutzt werden können und so auch im Wasserschutzgebiet wertvolle Arbeit leisten, dafür sensibilisiert die landwirtschaftliche Kooperation der Wasserwerke Dinslaken Grundstückseigentümer und Bewirtschafter in Voerde-Löhnen.

Hermann Verweyen-Thenagels ist Berater für Landbau und Wasserwirtschaft in den Kreisen Wesel und Dinslaken bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Als Kooperationsberater hat er gemeinsam mit Wasserwerksleiter Marco Binder im April und Juni Seminare angeboten, die dem Jakobskreuzkraut auf natürliche Weise zu Stängel rücken – ohne den Einsatz von Herbiziden, die auch erwünschten Pflanzen schaden, den Boden versalzen und somit in einem Wasserschutzgebiet vermieden werden sollten. Als Fachmann auf dem Gebiet wurde für die Seminare Andreas Frahm verpflichtet. Die Reduzierung von Jakobskreuzkraut mit Unterstützung des Blutbären ist sein Spezialgebiet.

Blühendes Jakobskreuzkraut
Der Blutbär, ein kleiner Schmetterling, sitzt auf einem Finger

Wie die Natur dem Jakobskreuzkraut begegnet

Das bis zu 1,20 Meter hohe Jakobskreuzkraut ist eine heimtückische Pflanze. Sie enthält Pyrrolizidinalkaloide, Giftstoffe, die sich in der Leber anreichern und nicht abgebaut werden. Die im Boden verwurzelte, lebende Pflanze schmeckt extrem bitter – auf der Weide rühren Rinder und Pferde das Jakobskreuzkraut deshalb nicht an. Gerät es allerdings ins Heu, wird es für die Tiere zur tödlichen Gefahr. Denn beim Trocknen verliert sich der bittere Geschmack. „Und eine Schubkarre voll Jakobskreuzkraut reicht, dass über mehrere Jahre verteilt eine Kuh oder ein Pferd dadurch zu Tode kommen kann“, erklärt Verweyen-Thenagels.

Die Verbreitung der Pflanze muss also gestoppt werden – ganz ausrotten lässt sie sich nicht, weil ihre Samen bis zu 25 Jahren im Boden keimfähig bleiben. Einzelne Pflanzen kann man vorsichtig mit Handschuhen von Wiesen und Weiden entfernen. „Aber es gibt drei Stadien des Befalls“, so Verweyen-Thenagels und im sogenannten Rapsfeld-Stadium sei der Pflanze nicht mehr händisch zu begegnen. Aber die Natur verfügt über Wege, die Natur zu bekämpfen. Und wie sie das macht, weiß Andreas Frahm. „Ein Kooperationslandwirt hat uns auf ihn aufmerksam gemacht“, so Marco Binder. Frahm setzte im Juni einige Raupen des Blutbären im Wasserschutzgebiet Löhnen aus. Die gelb-braun geringelten Raupen, aus deren Puppen schließlich daumengroße, schwarz-rote Schmetterlinge schlüpfen, sind immun gegen die Giftstoffe des Jakobskreuzkrauts. Im Gegenteil: Das Kraut sichert ihr Überleben – und sie zerstören es dafür.

Blutbär-Raupen: einfach ungenießbar

Die Raupen des Blutbären ernähren sich von der Pflanze und deren Bitterstoffe macht die Tierchen wortwörtlich ungenießbar. Sie schmecken durch ihre einseitige Ernährung selbst so bitter, dass sie keine natürlichen Feinde haben. Haben sie ein Vorkommen von Jakobskreuzkraut einmal für sich entdeckt, können sie sich also gut vermehren. Landwirte müssen nur beim Mähen einen Grasstreifen stehen lassen, auf dem die Schmetterlinge ihre Eier ablegen können. Denn die gefräßigen Raupen des Blutbären fressen das Jakobskreuzkraut derart herab, dass die Pflanzen dadurch eingehen: Mission erfüllt.

Das Aussetzen von Blutraupen ist eine erfolgversprechende Maßnahme gegen die weitere Ausbreitung von Jakobskreuzkraut im Wasserschutzgebiet Löhnen. Noch wichtiger ist die Sensibilisierung für Blutbären – ein Angebot, für das die Landwirte sehr offen seien, da sie das Pflücken per Hand leid sind. „Seit wir die Seminare angeboten haben, haben wir schon von mehreren Landwirten gehört, dass sie Raupen auf ihren Weiden entdeckt haben. Raupen, die sich von sich aus angesiedelt haben“, berichtet Binder. Und tatsächlich: Beim Ortstermin werden wir bereits auf der ersten Wiese fündig. Der Landwirt hat die vom Kraut befallene Mitte der Fläche bei der Heuernte stehen lassen – und die Blutbär-Raupen sind da, um das Jakobskreuzkraut natürlich zu bekämpfen: eine willkommene, ökologische Alternative für einen unerwünschten Einsatz von Herbiziden im Wasserschutzgebiet.

Eine Blutbar-Raupe auf dem Blatt einer Jakobskreuzkraut-Pflanze
Hermann Verweylen-Thenagels (links) und Marco Binder haben Blutbär-Raupen entdeckt-

Die landwirtschaftliche Kooperation

Schon in den 1990er Jahren gingen Grundstücksbesitzer und Bewirtschafter in Voerde-Löhnen mit den Wasserwerken Dinslaken eine landwirtschaftliche Kooperation ein, um auf freiwilliger Basis den Einsatz von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln im Wasserschutzgebiet zu senken. Das wichtigste Ziel ist die Vermeidung von Nitratbelastungen im Grundwasser. Mit Erfolg. Der Nitratwert im Rohwasser liegt aktuell bei weniger als 20 mg/l und damit deutlich unter dem Grenzwert nach der Trinkwasserverordnung von 50 mg/l..

Hermann Verweyen-Thenagels von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (Foto links) ist nicht nur Kooperationsberater in Voerde-Löhnen. Im Kreis Wesel gibt es insgesamt zehn landwirtschaftliche Kooperationen von sieben Wasserversorgern. „Und sie werden alle erfolgreich geführt, wenn es um das Thema Nitrat geht“, so der Berater für Landbau und Wasserwirtschaft.

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